
Revolver Live! (61): Queere Reifeprüfungen
Es tut sich was im queeren deutschen Kino, das zeigen uns die drei außergewöhnlichen Abschlussfilme von Merle Grimme, Julia Fuhr Mann und Fabian Stumm. Eindeutigkeiten und klare Repräsentationsmodelle sind keine Selbstverständlichkeiten mehr, sondern Verhandlungsräume, die mal lustvoll, mal schmerzhaft oder als politische Geschichtsneuschreibung in Frage gestellt werden. Schwule Beziehungsmodelle, Geschlechter in der Sportgeschichte und Intersektionalität stehen hier im Mittelpunkt.
Ein Diskussionsabend über Film, das Politische und das Private, und was Queer Cinema made in Germany kann und will. Mit Filmausschnitten aus CLASHING DIFFERENCES, LIFE IS NOT A COMPETITION, BUT I’M WINNING und KNOCHEN UND NAMEN.
Zu Julia Fuhr Mann
Julia Fuhr Mann, geboren 1987, absolvierte ein Studium der Philosophie, Literatur und Soziologie. Daraufhin folgte ein Dokumentarfilmstudium an der Hochschule für Fernsehen und Film München.
Julia Fuhr Mann war lange als Kurator*in für das feministische Filmfestival Bimovie tätig, ist Teil einer queer-feministischen Filmgruppe und Mitglied der Queer Media Society. Außerdem spielt Julia Fuhr Mann Gitarre in der Band „Baby Deluxe“. Panelteilnahmen und Kooperationen mit der Berlinale, den Münchner Kammerspielen und dem Literaturhaus München.
Julia Fuhr Manns hybrider Kinodokumentarfilm „Life is not a competition, but I’m winning“, der sich um die Auflösung von Geschlechterstereotypen im Sport dreht, feierte seine Weltpremiere auf den Filmfestspielen von Venedig 2023 und wurde kürzlich bei den First Steps Awards mit dem Preis für die beste Bildgestaltung ausgezeichnet.
Zur Zeit arbeitet Julia Fuhr Mann an deren Debütfilm, einer Rachephantasie am Patriarchat.
Zu Merle Grimme
Merle Grimme ist eine deutsche Schwarze Drehbuchautorin, Regisseurin und Producerin.
Sie ist Absolventin der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF München) und schloss zuvor ihr Studium mit dem Bachelor of Arts an der Universität Hildesheim ab
Als Drehbuchautorin, Regisseurin und Producerin schloß sie ihr Diplom-Studiam an der HFF München mit dem Spielfilm und der gleichnamigen Mini-Serie ‚Clashing Differences‘ ab. Bei den beiden Formaten handelt es sich um eine Ko-Produktion zwischen a.little film production, Sperl Film- und Fernsehproduktion und der HFF München, in Zusammenarbeit mit ZDF – Das kleine Fernsehspiel und ARTE.
Der Spielfilm feierte seine geteilte Weltpremiere auf dem Int. Filmfest München (Neues Deutsches Kino) und dem Frameline Film Festival in San Francisco. Clashing Differences war in allen Kategorien des Förderpreis Neues Deutsches Kino nominiert (Beste Regie, Beste Produktion, Bestes Drehbuch, Beste schauspielerische Leistung). Merle Grimme gewann den Förderpreis für Bestes Drehbuch. Mit der gleichnamigen Serie gewann Merle Grimme den Big Audience Award der First Steps Awards 2023. Weitere Preise für Clashing Differences folgten. Seit Oktober 2023 ist sie Junior Mitglied der Deutschen Filmakademie.
Speziell für dieses Projekt entwickelte sie als Producerin ein antidiskriminierendes und inklusives Herstellungskonzept, das auf verschiedenen Ebenen erprobt und in wesentlichen Teilen umgesetzt worden ist. Dazu gehören u.a. die Etablierung von Workshops zu Critical Whiteness, Empowerment-Trainings, diskriminierungssensible Vertrauenspersonen am Set und ein divers besetztes Team wie auch Cast. Merle Grimmes Ziel ist es, soziale Gerechtigkeit zu fördern, indem sie sich mit Ungleichheiten, Diskriminierung und impliziten Vorurteilen auseinandersetzt. Merle Grimme besuchte verschiedene Writers Labs mit Branchengrößen wie Robin Swicord (Women’s Writing Lab; Drama), Taç Romey (Drama Series), Robert Krause und Florian Puchertn(Rewrite Lab; Drama). Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin Robin Swicord berät Merle Grimme in einem ihrer kommenden Projekte.
Zu Merle Grimmes weiterer Regiearbeit gehören der Dokumentarfilm ‚Regretting Motherhood‘, der zu mehreren nationalen/internationalen Filmfestivals und Podiumsdiskussionen eingeladen wurde. Ihr Social Spot ‚Der deutsche Kinderwunsch?’, gewann den Jurypreis zur ZEIT Vermächtnisstudie, wurde zum ZEIT Online best of 2017 gekürt und erzielte online über 500.000 Views.
Mit ihrer interdisziplinären Arbeit und ihrem politischen Engagement konfrontiert sie gesellschaftliche Tabus, hinterfragt soziale Strukturen und stößt aktuelle Diskurse in den Medien und der Öffentlichkeit an. 2021 wurde sie mit dem Engagementpreis der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet und war zudem für den Deutschen Engagementpreis nominiert.
Zu Fabian Stumm
Fabian Stumm ist Schauspieler, Autor und Regisseur. Nach seinem Studium am Lee Strasberg Theatre & Film Institute New York war er u.a. am HAU – Hebbel am Ufer, den Münchner Kammerspielen, der Volksbühne Berlin, The Kitchen New York und der Tate Modern London zu sehen. Seit 2009 verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit der Künstlerin Keren Cytter, die ihn in vielen ihrer Videos und Performances besetzte.
Zu seinen Film- und TV-Arbeiten zählen preisgekrönte Spielfilme wie LORE von Cate Shortland, BELA KISS von Lucien Förstner, GROSSE FREIHEIT von Sebastian Meise und IVIE WIE IVIE von Sarah Blaßkiewitz sowie die Serien DRUCK und OH HELL.
2020 gab er mit dem Kurzfilm BRUXELLES sein Debüt als Autor und Regisseur. 2021 folgte sein zweiter Film DANIEL, der auf dem Achtung Berlin Festival 2022 als bester mittellanger Film ausgezeichnet wurde. Sein Spielfilmdebüt KNOCHEN UND NAMEN, bei dem er neben Drehbuch und Regie auch die Hauptrolle übernahm, feierte auf der Berlinale 2023 in der Perspektive Deutsches Kino Premiere und gewann den Heiner-Carow-Preis. Danach ging der Film auf internationale Festivaltour, darunter Outfest Los Angeles, New Horizons International Film Festival, Lichter Filmfest, Chéries Chéries Paris und Neiße Film Festival, wo er mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde. Sein neuer Spielfilm SAD JOKES ist bereits abgedreht.