Three Days to Liberation II
Parastou Forouhar im Gespräch mit Sepehr Atefi & Maryam Palizban
In einer Zeit, in der Gewalt sich immer wieder als Sprache der Macht behauptet, wird das Sprechen über Gerechtigkeit selbst zu einem Akt des Widerstands. Dieses Panel stellt die Frage, wie Erinnerung, Klage und Zeugenschaft eine Gerechtigkeit formen können, die sich nicht mit Gewalt paart.
Im Kontext von 3 Days to Liberation II ist dieses Gespräch mehr als eine Diskussion. Es ist Teil einer fortlaufenden Suche nach einer Ethik der Befreiung, die die Erfahrung des Einzelnen in den kollektiven Körper der Geschichte einschreibt. Wie lässt sich über Gewalt sprechen, ohne sie zu wiederholen? Wie kann man Schmerz sichtbar machen, ohne ihn zu instrumentalisieren?
Text: Maryam Palizban
Das Panel Gegen Gewalt: Klage, Zeugenschaft, Gerechtigkeit widmet sich der Frage, wie gewaltfreie Gerechtigkeit möglich ist, selbst angesichts systematischer Unterdrückung, politischer Verfolgung und struktureller Gewalt. Es erkundet, wie Erinnerung, Zeugenschaft und individuelle Erfahrungen politischer Gewalt in kollektive Narrative eingebunden werden können.
Im Zentrum steht Parastou Forouhar, die selbst Zielscheibe politischer Gewalt wurde und seit Jahrzehnten unermüdlich für Gerechtigkeit kämpft. Im Gespräch mit Sepehr Atefi reflektiert sie darüber, wie Opfer politischer Verfolgung die Geschichten von Gewalt sichtbar machen, Gerechtigkeit definieren und dabei gewaltfrei bleiben können. Maryam Palizban moderiert das Panel und öffnet einen Raum, in dem persönliche Zeugenschaft auf kollektive Erinnerung trifft und die Bedeutung von Gerechtigkeit im Angesicht globaler Konflikte diskutiert wird.
Parastou Forouhar wurde 1962 in Teheran, Iran, geboren. Seit 1991 lebt und arbeitet sie in Deutschland. Sie studierte Kunst an der Universität Teheran und setzte ihr Studium nach ihrer Ausreise in Deutschland fort. Ihre Eltern, die oppositionellen Politiker Dariush und Parvaneh Forouhar, wurden 1998 in Teheran ermordet – ein Ereignis, das ihre künstlerische und politische Haltung bis heute prägt.
In ihrer Arbeit verbindet Forouhar das Persönliche mit dem Politischen, das Sichtbare mit dem Verdrängten. Sie nutzt Zeichnung, Fotografie, Installation und digitale Medien, um die feinen Bruchlinien zwischen Freiheit und Anpassung, Glauben und Macht, Körper und System zu erforschen.
Oft verwandelt sie vertraute Formen persischer Bildtraditionen in Spiegel, die auf die Gegenwart zeigen. Aus floralen Mustern und Miniaturen entstehen Bilder von Folter, Zwang und Stille – nicht als Schock, sondern als beharrliche Erinnerung daran, wie leicht Gewalt sich in Ordnung verwandeln kann.
In ihrer langjährigen Praxis verbindet Forouhar künstlerisches, politisches und erinnerungskulturelles Engagement. Jährlich reist sie zurück nach Iran – trotz Restriktionen und Sicherheitsrisiken – um das Andenken an ihre Eltern wachzuhalten und die juristische Aufklärung ihrer Ermordung einzufordern.Für 3 Days to Liberation II bringt Parastou Forouhar eine unverzichtbare Perspektive ein: Ihr Leben und Werk stehen dafür, wie Kunst und Erinnerung im Angesicht systemischer Gewalt zu Mitteln der Befreiung werden können.
Sepehr Atefi ist Dokumentarfilmer und Journalist. Geboren 1989 im Iran, lebt in Deutschland. Nach dem Ausschluss von der Hochschulbildung im Iran aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Bahá’í-Gemeinde verließ er das Land und kam 2010 nach einem Aufenthalt in der Türkei als politischer Flüchtling nach Deutschland. Er absolvierte ein Masterstudium in Media Arts an der Bauhaus-Universität Weimar.
Seine Filme verbinden persönliche und historische Perspektiven auf Themen wie Erinnerung, Glauben und soziale Gerechtigkeit. Zu seinen Arbeiten zählen Among Us (2021) – über Afghan:innen und Afghan-Iraner:innen im Iran – und Eternal Flame (2023) – über das Leben und den Mord an der Demokratieaktivistin Parvaneh Forouhar, der beim ersten Teil von 3 Days to Liberation in Anwesenheit von Parvanehs Tochter, Parastou Forouhar, gezeigt wurde.
Maryam Palizban ist Theaterwissenschaftlerin, Künstlerin, Kuratorin und Schauspielerin. Geboren 1981 im Iran, lebt und arbeitet in Berlin. Sie promovierte 2014 an der Freien Universität Berlin und dem Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) mit der Dissertation Performativität des Mordes (Kadmos Verlag, 2017). Als Schauspielerin bekannt aus Deep Breath (Cannes 2003), Fat Shaker (Rotterdam 2013, Tiger Award) und Lantouri (Berlinale 2016, Iranian Film Academy Award). Ihr Einsatz während der Jina-Revolution zwingt sie, ihre Projekte aus dem Ausland zu realisieren, und prägt seitdem ihre künstlerische und kuratorische Arbeit. Palizban konzipierte und kuratierte 3 Days to Liberation und entwickelt Formate, in denen künstlerische Praxis, Erinnerung und Wissen unmittelbar erfahrbar werden.
Panel in dt. Sprache
Teil des Programms von:
3 DAYS TO LIBERATION II
12.–14. Dezember 2025
Konzipiert & kuratiert von Maryam Palizban
Präsentiert von CONSTANZA MACRAS / DORKY PARK

- 16.00Grüner Salon
Three Days to Liberation II
Gegen Gewalt: Klage, Zeugenschaft, Gerechtigkeit | Mit: Sepehr Atefi, Parastou Forouhar | Moderation: Maryam PalizbanPanel