
Parole Text:Buch
Der Band beinhaltet Fotografien von Günter Steffen zwischen 1984 und 1989 in Prenzlauer Berg und Mitte, kombiniert mit Texten von Jewgenij Samjatin aus seinem 1920 erschienenen Roman Wir, der bis Ende 1988 im gesamten Ostblock auf dem Index stand.
Günter Steffen lebte um die Ecke von der Volksbühne und durchstreifte für diesen Fotozyklus meist am Wochenende Prenzlauer Berg und Mitte, er wollte keine Menschen ablichten …
Samjatin nahm gewissermaßen mit seinem Roman politische Entwicklungen voraus, die sich tatsächlich nur wenige Jahre später in der Sowjetunion unter Stalin, in Hitler-Deutschland und nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem im Ostblock und anderen diktatorischen Staatsformen außerhalb Europas ereigneten. Auch heute ist Samjatins prophetische Dystopie erschreckend aktuell und präsent: Selbsternannte „Wohltäter“ erklären sich zu neuen nationalistischen Heilsbringern und treten die Demokratie brutal mit Füßen.
Günter Jeschonnek
Das Spannungsfeld zwischen Sowjetrussland 1920 und Ost-Berlin in den achtziger Jahren macht das Buch so zeitlos. Samjatin durfte glücklicherweise 1931 nach Paris emigrieren, so wie es viele seiner Dichterfreunde Anfang der zwanziger Jahre nach Berlin und Paris taten. Viele von Ihnen wohnten und arbeiteten in der Nähe der Volksbühne. Dort gab es Redaktionen, Verlage und Restaurants der Russen.
Und heute? Da blutet Russland wieder aus. Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Oppositionelle haben das Land der Kriegsverbrecher verlassen und werden voraussichtlich nicht mehr zurückkehren … Und ihre Bücher werden in Russland verboten. Leider wiederholt sich die Geschichte.
- 01:00Roter Salon
Die Hauptstadt. Ost-Berlin in den Achtzigern.