Durch das Anzeigen dieses Videos stimmen Sie zu, dass eine Verbindung zu YouTube hergestellt wird und personenbezogene Daten übermittelt werden können.




Vergessene Arbeitskämpfe - Ein Punk-Abend
Punk – Arbeit dem System
Utopie und Ernüchterung.
Punk in der DDR existierte seit Anfang der 1980er Jahre. Zentren der Punkkultur waren Berlin, Dresden, Erfurt, Halle und Leipzig.
Anderssein war das Lebenselixier. Allein schon die Kleidung und das Auftreten als maximalen Gegensatz zum gewünschten Bild einer sozialistischen Persönlichkeit. Bandnamen, die provozierten, Songtexte, die eskalierten. Punk war neu. Punk war explosiv und hatte eine ungeheure Wucht. Der Impuls der Protestkultur. Punk fiel auf im Einheitsgrau eines angepassten Volkes der DDR.
Wer jedoch im Osten Deutschlands dem Ruf des Punk zum Empowerment folgte, hatte bald mit staatlichen Konsequenzen ungeahnter Härte zu rechnen. Ein aufkeimendes Bewusstsein der eigenen Identität und Individualität hatte keinen Platz. Punks wurden von staatstreuen Bürger:innen verachtet, von DDR-Behörden geplagt und ins Gefängnis geworfen. 1983 wurde die erste Punk-Generation auf beispiellose Weise kriminalisiert und aus der Öffentlichkeit verdrängt.
Zuerst stand der Staat der Randgruppe ratlos gegenüber – und erklärte sich ihr Erscheinen als Inszenierung des Klassenfeindes, der die Kluft zwischen Jugend und Staatsführung provozieren wolle. Für Mielke kam nur Durchgreifen infrage. 1983 wurde der Befehl erteilt, die Jugendbewegung zu zerschlagen. Dafür waren Paragraphen des Strafgesetzbuches, wie §215 („Rowdytum“), §249 („Asozialenparagraph“), § 217 („Zusammenrottung“) usw. ein praktisches Mittel, um sozial unerwünschtes Verhalten zu kriminalisieren. Die Abteilung K1 der Volkspolizei übernahm die Verfolgung. Inoffizielle Mitarbeiter:innen der Stasi unterwanderten die Szene.
Die Erzählungen in dem Film too mutch future von Colonel, Mike Göde, Daniel Kaiser, Mita Schamal, Cornelia Schleime und Bernd Stracke erinnern an die Repressionen, denen sie ausgesetzt waren. Cornelia Schleime sagt; „Wenn die Bilder nicht gehangen werden durften, hab ick dann das Mikrophon genommen“.
Es waren kirchliche Sozialarbeiter:innen, die den Punks eine Heimstatt gaben. Die Kirche war eine Art sichere Zone. Unter anderen in Berlin die neugotische Erlöserkiche oder in Halle die Christuskirche wurden zu einem geschützten Raum für Punks, die dort Konzerte spielen konnten, zunächst in Form so genannter „Blues-Messen“.
Mit 2500 Besucher:innen und 16 Bands aus der DDR, dem sozialistischen Ausland, der BRD und sogar aus Italien und West-Berlin wurde das „Alösa Frühlingsfest“ am 21. und 22. April 1988 zum Höhepunkt dieser Entwicklung. Das lautmalerische „A-lös-A“ nahm Bezug auf die in der Punkszene verbreiteten Ideale des Anarchismus. Es wurde DDR-Punkgeschichte geschrieben.
Mit Punk bot sich die Gelegenheit, sich radikal gegen bestehende Tabus zu sträuben und damit Bedürfnisse der Abgrenzung zu bedienen. Die Distanz zur Gegenwart, zu viel Zukunft!
Punk klang, sah aus und fühlte sich an wie Freiheit in einem unfreien Staat.
PLANLOS
Eine Ostberliner Punklegende der 1980er Jahre, seit 2022 wieder aktiv.
Ich steh in der Schlange am Currystand,
Ich dreh mich nicht um, ich hab dich erkannt.
Du bist mein Schatten, wohin ich komme,
Ein schwarzer Fleck in der Sonne.
Wenn ich laut denke, dann bist du da,
Wo ist der Monitor hinter der Kamera
…
Du steigst in meinen Freund und horchst mich aus,
Berichtest die Lügen wie du sie brauchst.
Hyäne bedroht, bedroht durch ’ne Maus,
Maus hinter Gittern, Hyäne kommt raus.
Planlos Schlange, 1982
PLANLOS entstand 1980 im „Schatten der Mauer“ als eine der ersten Punkbands in der DDR. Die Gründung der Ostberliner Band war das Resultat des befreienden Tumults von Punk im Ordnungsstaat DDR. PLANLOS entstand nicht mit der Aussicht auf Ruhm und auf volle Schatullen, sondern in der Hoffnung auf Wahrnehmung innerhalb der überschaubaren Punkszene und konspirativer Kreise.
PLANLOS entwickelte sich bis 1983 zu einer der präsentesten und fähigsten Bands im Punk-Underground der DDR. Ohne Zweifel verfügte die Dissidenz von PLANLOS über mehr Nuancen als die vieler Wutpunks. Die Texte der Band waren politisch explizit, bestachen aber zugleich durch eine beklemmend machende Poesie. Die Songs von PLANLOS zählen zu den Klassikern des DDR-Punkrock; Songs und Texte sind im Logbuch der DDR-Subkultur verzeichnet. Kaum eine andere Band verkörperte derart das Charisma der Ostberliner Punks.
1983 mischte PLANLOS bei dem erstem DDR-Punkfestival in der Hallenser Christuskirche mit.
Ein Coup gelang der Band, als sie im selben Jahr gemeinsam mit den westdeutschen Toten Hosen ein konspiratives Konzert im Gemeindesaal der Ostberliner Erlöserkirche gab (zu diesem Konzert entstand die Doku Auswärtsspiel, sie feierte 2022 Premiere, der Film wurde mehrfach im Fernsehen ausgestrahlt).
Ihrer lichten Zukunft in der DDR stand die Band PLANLOS konsequent in der Sonne. Dank ihrer Widerstandsfähigkeit trat sie nie legal in Erscheinung, die Band spielte beinahe ausschließlich im Kirchenasyl. Erwartungsgemäß nahm die Staatssicherheit schnell Witterung auf, und dem lustvollen Tumult folgten massive Repressionen. PLANLOS löste sich schließlich 1983 in Folge des Drucks durch die ständige Observation und durch Erpressungsversuche im Umfeld der Band auf.
Seit Juli 2022 ist PLANLOS mit ihrem originalen Sänger Michael „Pankow“ Boehlke und dem ursprünglichen Texter und Gitarristen Micha Kobs wieder live präsent. Als Bassist ist nun Maik Reichenbach, Gründungsmitglied der legendären Leipziger Punkband L’Attentat, Teil der Band. PLANLOS und L’Attentat verbindet eine gemeinsame Geschichte und eine Jahrzehnte währende Freundschaft und Allianz. Mit dem aktuellen Gitarristen Stefan Mißfeld und dem Drummer Hans Frithjof Tismar verlegt PLANLOS aber auch das Gewicht von der Vergangenheit auf die Gegenwart; beide Musiker stammen aus dem Westen Deutschlands und spielen seit Jahren in verschiedenen Bands.
In dieser aktuellen Besetzung spielte PLANLOS bereits mehrere Konzerte, unter anderem auf dem Festival „Jamel rockt den Förster“ vor mehreren tausend Zuschauern, als Teil des 40. Jubiläums der Toten Hosen vor 60 000 Fans auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, live beim Radiosender Radio eins und gab Konzerte mit Team Scheisse und Ruts DC.
Moloch sind eine Band aus Berlin, die seit Anfang der Zehnerjahre zusammenspielt. Mit ihrer Ende 2022 bei ELFENART RECORDS erschienenen Platte Nur Motten nennen es Licht legten sie bereits ihr viertes Album vor. Düsterer Deutschpunk, wie man ihn zu Beginn der 80er-Jahre erfunden hat, aber moderner gespielt und mit den Inhalten der Gegenwart. Eine Mischung aus bitterem Sarkasmus und Melancholie. Zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug. Punk. Punkt.
- 01:00Roter Salon
Punk - Arbeit dem System! • Planlos • Moloch • DJ Hund 100