In der Geschichte des Films ist die Anzahl der abgefeuerten Kugeln so unermesslich wie die Gleichgültigkeit gegenüber den Toten und dem Schmerz, die sie nach dem Gemetzel hinterlassen.

Im Film La Palisiada reichen zwei Schüsse zwischen denen ein Vierteljahrhundert liegt. Der erste fällt bei der Exekution eines Mannes namens Bohdan in der Ukraine im Jahr1996. Die Polizei hielt ihn für den Mörder eines Obersts. Der Regisseur und Autor

Philip Sotnychenko hat sich dabei nicht zufällig für das Datum 1996 entschieden, denn obwohl die Unabhängigkeit der Ukraine bereits seit 1991 bestand, verharrte das Land in einem post-sowjetischen Kontinuum, in einer Art verschwommenem Schwebezustand der Stagnation, der von der VHS-Videoästhetik sehr präzise eingefangen wird. Gleichzeitig wurde 1996 in der Ukraine der letzte zum Tode verurteilte Gefangene exekutiert – ein Nachhall der repressiven Sowjetherrschaft.

La Palisiada führt uns nicht nur die Barbarei staatlich sanktionierter Mordmethoden vor Augen (was durchaus an Kieślowskis Krotki film o zabijaniu von 1989 erinnert), sondern auch das korrupte, oft übereilte Vorgehen von Polizei und Justizapparat, das keine Rücksicht auf individuelle Menschen nimmt. Im Fokus des Films stehen zwei Untersuchungsbeamte und deren Familien, und er zeigt den Grad der allgemeinen Entfremdung und Gleichgültigkeit, die als tiefes gesellschaftliches Unbehagen weit in die Zukunft hinein bis in die heutige Zeit nachwirken.

– Adrian Martin

Trailer: La Palisiada | IFFR

Mai
22
Mi
  • 20:00
    Videothek

    Videoclub

    Philip Sotnychenko
    Film • Berlinpremiere
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