
Die Ausstellung Reframed Positions ist die erste ortsübergreifende Retrospektive der Künstlerin, Produzentin, Autorin, Pädagogin, Audio-Remixerin und Aktivistin Terre Thaemlitz in Europa. Bestehend aus einer Überblicksausstellung, einem Talk, einer Multimedia-Performance und einem Konzert, kuratiert von Lawrence English, Ann-Kathrin Eickhoff und Elisa R. Linn. Am 12. Mai findet ein Gespräch zwischen Terre Thaemlitz und Lawrence English im Roten Salon statt. Weitere Verhandlungsorte sind die Halle für Kunst Lüneburg e.V., Berghain Panorama Bar und Callieʼs, Berlin.
In der Halle für Kunst Lüneburg wird anhand von malerischen, grafischen, gedruckten, audiovisuellen und textbasierten Arbeiten die Entwicklung einer medienübergreifenden kritischen Formensprache in Thaemlitzʼ Praxis nachgezeichnet, von ihrem Studium an der Cooper Union School of Art in New York Mitte der 1980er Jahre bis zu ihrer genreübergreifenden audiobasierten Praxis als Produzentin und Gründerin des Labels Comatonse Recordings. In ihrer fortlaufenden Auseinandersetzung mit Kulturtheorie analysiert sie die sozialen Funktionen von Macht, die soziale Konstruktion von Identität und deren Beziehungen zu Konsumpraktiken. So fragt Thaemlitz in den Liner Notes zu ihrem Album Love for Sale: Taking Stock in Our Pride (1999): „Gleicht ein Zugeständnis des bewussten Einsatzes von queerer Bildsprache als Vermarktungsstrategie nicht einer Entkräftung jeglichen ‚radikalen Konsums‚? Gibt es überhaupt so etwas wie radikalen Konsum?“
In ihrer Auseinandersetzung mit Ambient als Genre konzentriert sich Thaemlitz auf gesampelte Audio-Komponenten und verweist damit auf die Produktionstechniken, die in ihren House- und Disco-Produktionen unter dem Pseudonym DJ Sprinkles zu hören sind. In ihrer Rubato-Serie interpretiert sie Klassiker der elektronischen Musik – von Kraftwerk, Gary Numan und Devo – als neo-expressionistische Klavier-Solos und in Interstices liest sie den technischen Glitch als sozialpolitisches Phänomen. In Soulnessless – beworben als „world’s longest album in history & world’s first full-length MP3 album” – thematisiert sie das MP3-Format als technische Voraussetzung für den Musikkonsum und den daraus resultierenden unbezahlten Arbeitsaufwand für Produzent:innen, die zusätzliches Material bereitstellen müssen, das über das herkömmliche Albumformat hinausgeht.
Ihre vielschichtige Praxis kann als kritische Auseinandersetzung mit essentialistischen Vorstellungen von Identitätspolitiken, die Geschlecht, Sexualität, Klasse und Herkunft betreffen, verstanden werden. Thamelitzʼ Arbeit reflektiert kontinuierlich die Umstände ihrer Produktion und betreibt fortlaufend Kritik an der Sozioökonomie kommerzieller Medienproduktion und ihrer zeitgenössischen Wahrnehmung.
- 01:00Roter Salon
A conversation between Terre Thaemlitz and Lawrence English